@Gwin 🇺🇦 @Daniela Pagenstecher 🇺🇦 🚴‍♂️ 📚
Nein.
Stell es dir so vor:
Du hast genetische Voraussetzungen, eine bestimmte Krankheit zu entwickeln, mit sogar ziemlich hohem Risiko. Aber der Ausbruch der Krankheit benötigt ein bestimmtes Umfeld.

Ohne dieser genetischen Voraussetzung kannst du diese Krankheit nicht entwickeln.
Aber ohne der entsprechenden Umwelt kannst du diese Krankheit auch nicht entwickeln.

Man kann also nicht sagen: "Dieser Mensch wird mit Sicherheit diese Krankheit bekommen", nur weil die genetischen Voraussetzungen da sind.
Und wenn jemand diese Genetik nicht hat, kann man auch nicht sagen, "Dieser Mensch wird diese Krankheit bekommen, da er in einem Umfeld lebt, welches diese Krankheit auslösen kann".

Es braucht immer beides.
Das war der große Irrtum der 1990er, als man begonnen hat, das Genom zu verstehen... plötzlich war alles "genetisch". Man suchte das Verbrecher-Gen, man suchte Krankheitsgene usw. und schob alles auf die Genetik.
Und dann stellte sich heraus, dass es Menschen mit der Genetik gibt, die trotzdem nicht so geworden sind... ups... Umwelteinfluss vergessen.

Bestes Beispiel die früher so genannten "Psychopathen".
Es gelang einem Forscher eine Gehirnstruktur dingfest zu machen, die allen Psychopathen gemein ist. Sein Schluss: "Wer so eine Hirnstruktur hat, ist Psychopath"

Und dann legten ihm seine Assistenten einen Hirnscan zur Begutachtung vor, bei der er eindeutig die Diagnose "Psychopath" stellte... und es war sein eigenes Gehirn... Upsi.

Also ging die Forschung weiter:
Und da stellte sich heraus:
Es gibt Gehirnstrukturen die Menschen haben die die Voraussetzung für Psychopathie ist. Ohne dieser Hirnstruktur keine Psychopathie. (und diese ist genetisch).
Aber es braucht auslösende Momente im Heranwachsen, damit sich auch eine Psychopathie entwickeln kann.
Da reicht bei manchen Kindern oft schon ein Umsiedeln und die Trennung von seinen Freunden oder der Verlust des gewohnten Lebensumfeldes. Oder ein böses Mobbingerlebnis in der Schule, Armut, eine Trennung von einem geliebten Menschen (sei es, man ist sitzen gelassen worden, oder jemand lieber stirbt plötzlich).
Dann passiert es, dass Menschen mit so einer Gehirnstruktur eine Psychopathie entwickeln können. Und einige tun das dann auch.

Ist die Entwicklung zum Erwachsenen dann soweit abgeschlossen, und dieser Mensch hat keine Psychopathie entwickelt, fällt das Risiko auch enorm, dass es noch einmal passieren wird. Weil sich dieser Mensch an seine Umwelt angepasst hat, Strategien erlernt hat, mit solchen Situationen umzugehen usw.

Also bei Kindern Hinrscans machen, die ein Psychopathengehirn entlarven, oder genetische Tests vor der Geburt... und dann diese Kinder wegsperren oder abtreiben... ist der völlig falsche Weg. Denn die Genetik ist 100% verantwortlich und die Umwelt ebenfalls 100%.

Verstehst du, was ich meine?

Viel wichtiger wäre es aufgrund dieser Erkenntnis, dass sich die Gesellschaft (auch in Form des Staates) SEHR darum bemüht, dass ALLE Kinder eine gute, wohlbehütete Kindheit mit möglichst wenig Traumata erleben können... Allein aus Selbstschutz der Gesellschaft von ein paar Serienmördern oder wildgewordenen Konzernchefs (dort ist die Psychopathie gern einmal beruflich angelangt...). Aber momentan gehen wir weltweit einen GANZ anderen Weg... Kinder mit Traumata schaffen... Und das finde ich nicht nur für diese Kinder schade sonder es ist auch wirklich schwer bedenklich, was wir uns damit für die nächsten 150 Jahre als Gesellschaft heranziehen.